Wichtige Schriftstücke sollten stets als Einschreiben zugestellt werden, denn die regelmäßige
Leserschaft hier weiß: Juristisch ist vieles eine Frage des richtigen Timings! Das Problem dabei ist jedoch:
Es gibt zwei Einschreibemöglichkeiten - einerseits das Übergabeeinschreiben, andererseits das
Einwurfeinschreiben. Letzteres wirft der Briefbote einfach in den Briefkasten und erstellt intern einen
Nachweis des Einwurfs. Und die zeitgerechte Zustellung eben eines solchen Schriftstücks musste im
Folgenden das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) bewerten.
Ein Arbeitgeber - ein Spielhallenbetreiber - beschloss aufgrund der Pandemie im Oktober 2020, einen
Arbeitnehmer fristgemäß zum 30.11.2020 zu entlassen, und schickte ihm eine schriftliche Kündigung per
Einwurfeinschreiben. Am 29.10.2020 bestätigte der Postmitarbeiter mit seiner Unterschrift, diese Sendung
durch Einwurf in den Briefkasten des Empfängers eingelegt zu haben. Der von der Kündigung betroffene
Arbeitnehmer wohnt in einer Hochhausanlage mit zehn Stockwerken, in dessen Hausflur sich die
Briefkastenanlage mit 80 Fächern befindet. Ganz oben rechts befindet sich der ordnungsgemäß mit seinem
Namen versehene Briefkasten des Arbeitnehmers, der nun behauptete, das Schreiben gar nicht bekommen
zu haben.
Das LAG entschied jedoch zugunsten des Arbeitgebers. Die Richter räumten zwar ein, dass der
Arbeitgeber tatsächlich nicht beweisen konnte, dass dem Gekündigten das Schreiben zugegangen war. Sie
erkannten aber einen Anscheinsbeweis, der sich zuungunsten des Gekündigten auswirkte. Der sogenannte
typische Geschehensablauf führte hier folglich dazu, dass es nicht mehr darauf ankam, dass eine Partei die
tatsächlichen Einzelumstände eines bestimmten Geschehens nachweist. Und von solch einem
Geschehensablauf ging das LAG ging in diesem Fall aus - es bewertete den vorhandenen Nachweis als
rechtzeitigen Zugang der Kündigung.
Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat einmal einen ähnlichen Fall genauso entschieden. Es gibt
allerdings Landesarbeitsgerichte, die eine derartige Sachlage anders sehen. Deshalb sollten wichtige
Schriftstücke niemals per Einschreiben zugestellt werden. Besser ist es, einen vertrauenswürdigen Boten
zu beauftragen.
Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.01.2022 - 1 Sa 159/21