Wer ein Medikament verschrieben bekommt, verlässt sich zum einen nicht nur auf die Wirksamkeit
zur Bekämpfung des Leidens, sondern zum anderen vor allem auch darauf, dass es keine zusätzlichen
Schäden anrichtet, die über bekannte Nebenwirkungen hinausgehen. Im folgenden Fall, den das
Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) zu bewerten hatte, waren die mutmaßlichen Folgen so
schlimm, dass die mittlerweile krebserkrankte Klägerin den Hersteller auf Auskunft zu Wirkungen und
Nebenwirkungen verklagte.
Ein Pharmaunternehmen stellte das blutdrucksenkende Medikament Valsartan AbZ her und arbeitete
dabei mit mehreren Wirkstoffherstellern zusammen. Bei einem dieser Hersteller kam es schließlich zu
einer Verunreinigung mit N-Nitrosodiethylamin - einem Stoff, der als krebserregend eingestuft ist. Eine
Klägerin hatte über fünf Jahre Valsartan AbZ eingenommen und war schließlich an Krebs erkrankt. Daher
verlangte sie Auskunft über die Wirkungen sowie Nebenwirkungen des Medikaments und zudem
Schmerzensgeld.
Nachdem die Vorinstanz das Auskunftsverlangen abgelehnt hatte, verurteilte das OLG die
Herstellerin von Valsartan AzB zur Auskunft über alle Wirkungen des Medikaments, die bei der
Bewertung schädlicher Folgen von Bedeutung sein können. Besteht wie in diesem Fall eine 97%ige
Wahrscheinlichkeit, dass ein mit einem möglicherweise Krebs verursachenden Stoff verunreinigtes
Medikament eingenommen wurde, kann der später an Krebs Erkrankte von dem Hersteller des
Arzneimittels Auskunft verlangen.
Hinweis: Ein bitterer Fall für die Patientin. Gut, dass das OLG den Hersteller zur Auskunft
verpflichtet hat. Denn so kann betroffenen Patienten besser geholfen werden.
Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 19.08.2021 - 26 U 62/19